Birgit Rabisch: „Die Schwarze Rosa“

Autorin: Vera Rosenbusch

 

Die Schwarze Rosa“ ist ein spannender Roman voller überraschender Wendungen – ein Lesevergnügen. Und sie beleuchtet ein aktuelles Thema: Ein wissensdurstiges Mädchen wird zur Helfershelferin einer rechtsextremen Truppe.

Im Vorwort erzählt die Autorin zunächst von ihrer geliebten Großmutter. Als sie nach deren Tod einen Pappkarton mit Hinweisen auf die „Schwarze Reichswehr“ findet, fällt sie aus allen Wolken. Als junge Frau hatte Rosa durch ihre Brüder Paul Schulz kennengelernt, den Anführer dieser illegalen rechtsterroristischen Truppe. Sie verlobte sich und lebte mit ihm in „wilder Ehe“, wie das damals hieß.

Ich finde es bemerkenswert, wie es der Schriftstellerin gelingt, sich in Rosas Denken hineinzuversetzen. Birgit Rabisch beobachtet sehr genau kulturgeschichtliche Details, und so ist der Roman auch ein Beitrag zur Geschichte kultureller Muster: Er zeigt, wie autoritäres Denken funktioniert.

Rosa wächst auf in einem Dorf im Harz; ihr Vater ist ein armer Weber. Sie muss schwer arbeiten. Als Mädchen ist sie wenig wert, trotzdem bewahrt sie ihren eigenen Kopf. So schleicht sie sich davon und lernt schwimmen, was in der Zeit um 1900 für Mädchen ungehörig ist.
(Ich erinnere mich noch gut an die mediale Fassungslosigkeit, als muslimische Frauen mit Ganzkörper-Badeanzügen in unseren Schwimmbädern auftauchten. Wir haben schnell vergessen, dass Schwimmen – also Beinahe-Nacktheit – auch in Deutschland für Frauen jahrhundertelang ein Tabu gewesen ist.)

Rosas Familie zieht in den Osten, denn ihr Vater bekommt eine Siedlerstelle in der Provinz Posen und wird Bauer. Die Siedlungspolitik wird finanziell vom Staat gefördert und begleitet von einer nationalistischen Kampagne, die behauptet, Deutsche wären mehr wert als Polen.

In einer Umgebung, die von harter Arbeit, vom Misstrauen zwischen den Bevölkerungsteilen und von autoritären Geschlechtsverhältnissen geprägt ist, versucht die aufmüpfige Rosa einen eigenen Weg zu gehen. Dass ausgerechnet der sie in die Arme eines Faschisten führt, macht Birgit Rabisch nachvollziehbar.

Mehr noch: „Die Schwarze Rosa“ entwirft ein differenziertes Bild der Denk- und Verhaltensmuster, die unsere Mütter und Großmütter uns (nonverbal besonders einprägsam) vermittelt haben und die in uns und in der Gesellschaft weiterwirken.

Rechtsradikale haben auch deshalb gerade Oberwasser, weil sie glauben (machen), ihr Denken sei etwas Neues. Im Gegenteil: Es ist alte autoritäre Suppe voller Schimmel.

Ich denke, es ist Zeit, uns die kulturgeschichtliche Dimension des autoritären Denkens in Erinnerung zu rufen. Je mehr wir darüber nachdenken, desto weniger Macht hat es über uns. „Die Schwarze Rosa“ kann Anstoß sein. Unbedingt lesen!

 

 

Titelbild: Mägdesprung im Selketal, Geburtstort der historischen Schwarzen Rosa (Digitalisat: Wikimedia Commons)

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