Autor: Jürgen Volk
Eigentlich wollte ich am Montag nach der Messe einen Messerückblick schreiben, der all dem Wunderbaren gerecht wird, das uns auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse widerfahren war. Eigentlich. Doch während die Ereignisse langsam zu Erinnerungen gerannen, warteten am Montag E-Mails, Briefe, Bestellungen und allerhand bürokratische Turnübungen auf uns, die Honorarabrechnungen wollen wir gar nicht erst erwähnen! Dies alles im Lichte der #4Lesezeiten-Lesung am darauffolgenden Abend im Klub der Republik – wer kam eigentlich auf die Idee, sich auf einen festen Lesetermin so nah an der Leipziger Buchmesse zu verpflichten?! Wie dem auch sei, man möge es uns hoffentlich verzeihen, wenn aus dem Messerückblick ein Monatsrückblick wird. Denn der März begann ja bekanntlich schon vor der Messe und wir wollen keinesfalls den #indiebookday als Prä-Messe-Ereignis unterschlagen, vor allem, weil an jenem März schon im Keim angelegt war, was sich auf der Messe im Großen wiederholen sollte … Dem Indiebookday gingen natürlich schon im Februar die notwendigen Vorbereitungen voraus und in die ewige Wiederkehr der Ungleichzeitigkeit des Verlegerdaseins fiel die Lesung Daniel Breuers aus nathanroad.rec bei Kabeljau & Dorsch, die uns aus dem ewigen Advent wieder in die Gegenwart katapultierte. Ebenso wurde der zu dieser Zeit vorbereitete Indiebookday zum Ankerpunkt zwischen all den Messevorbereitungen. Während ich an jenem 18. März ohne Unterlass zwitscherte, teilte und postete, was Autorin Birgit Rabisch dazu brachte, mir via facebook-Post „Hyperaktivität“ zu attestieren, präsentierten Buchhandlungen wie die Oettinger Bücherstube, die Verlagsbuchhandlung Remmel unser gesamtes Programm, Angelikas Bűchergarten und Bűcher Lehmann machten sogar Schaufensterauslagen. Tausend Dank dafür! Auch im Neuen Kapitel, der Kiezbuchhandlung bei uns um die Ecke, waren alle Titel präsent, am Abend sogar Stefanie Schleemilch und Daniel Breuer in persona, um diesen für uns so wichtigen Tag mit einer Lesung würdigen. Alles gut, sollte man meinen, und so war es auch, außer, dass Stefanie Schleemilch – hier die erste Heldentat – sich auf der Kippe zum Krankenstand zur Lesung gekämpft hatte … Und es dann zur Buchmesse leider nicht mehr schaffte. Ebenso wie unser Wiener Autor Wolfgang Eicher. Dafür kam unsere Messeneuheit „Montagsnächte“ von Kathrin Wildenberger in allerallerletzter Minute dank einem Höllenritt durch halb Berlin von G.D. – die zweite Heldentat – noch mit auf die Messe. Ich selbst kämpfte beim Aufbau des Messestandes nicht nur mit unserer neuen Tapete, sondern auch mit der sich anschleichenden Grippe. Trotz aller Messeeuphorie, trotz tollem Messestand in bester Lage, schleppte ich mich durch den Tag, bis am Nachmittag die Rettung in Gestalt von Joseph Reinthaler vom homunculus Verlag kam. Mit dabei hatte er eine besondere Medizin: Gebirgsenzian. Joseph päppelte mich für die Mitmoderatorenrolle des gemeinsamen Leseabends mit dem homunculus-Verlag im vollbesetzten Gewölbekeller des Beyerhaus Leipzig wieder auf. Großartige Messetage mit Lesungen auf der Leseinsel der jungen Verlage (Katharina Gerwens, Birgit Rabisch, Daniel Breuer) und am Stand (Birgit Rabisch, Frank O. Rudkoffsky) folgten. Als dort dann das Mikrophon den Geist aufgab, las Frank O. Rudkoffsky – die dritte Heldentat – in kleinem Kreis und ohne Mikro weiter und plötzlich waren intime Lesungen gefragt, weshalb Kathrin Wildenberger Bloggerin Tina Thile eine Privatlesung gab, zu der auch andere Messebesucher schnell einen Hocker hinzuzogen. Messeeuphorie und die richtige Dosierung unserer aus Berlin mitgebrachten Medizin – frei nach Schiller: viel hilft viel – führten dazu, dass es am Freitagabend noch für die Party der jungen Verlage reichte, am Samstagabend die Dreharbeiten für den Buchtrailer zu Montagsnächte wie geplant durchgeführt werden konnte und ich auch den schon fast traditionellen Verlagsabend mit gemeinsamen Essen, diesmal wegen all der Krankenständler in trauter Runde, nicht verpasst hatte … Kurzum, es war eine grandiose Messe. Wir bekamen Zuspruch und Besuch, wobei wir uns besonders freuten, dass es Kristin Schröter von der Alten Büdnerei Kühlungsborn, Astrid Meine und Silvia Walter von Leckere Kekse (die mich mit ihren Lakritzkeksen kurz in meine Kindheit zurückkatapultierten), Ilke Sayan und Klaus Daniel zu uns an den Stand geschafft hatten. Und last not least, Frank Schliedermann, der es nicht nur zum Stand, sondern auch in die, nicht gerade unter Platzmangel leidende duotincta-WG geschafft hatte, um uns Gesellschaft zu leisten, die Messe für uns zu bereichern und auch mal – die vierte Heldentat – gerne die Standwache übernahm, damit das Verlegerduo durch die Hallen streunen konnte …
Zum Messeende schloss sich dann der Kreis und wir verabschiedeten uns von der Verlegertruppe, die wir am Aufbautag als erstes begrüßt hatten: homunculus.
Eine professionelle, vollständige Analyse der Messe haben wir bereits bei einer US-Agentur in Auftrag gegeben. Vorerst halten wir als Fazit fest: Vielen gefiel unser Stand, allen unser Schultheiss-Tisch.
Während bei vielen Pilgern nach Verlassen der heiligen Hallen zu Leipzig der Messeblues einsetzte, grassierte bei duotincta die Grippe weiter. Was nach der Messelesung bei Birgit Rabisch als Kratzen im Hals begann, wuchs an, führte dazu, dass sie grippekrank in Hamburg im Bett lag, während wir uns am Dienstag langsam vor dem Klub der Republik für unsere Lesereihe Die #4Lezezeiten sammelten. Ein Unglück kommt selten allein, auch wenn das Unglück Abwesenheit bedeutet, und so kam es, dass neben Birgit Rabisch auch der Barkeeper für diesen Abend nicht kam. Da schlug die Stunde des Daniel Breuer. Von der Pizzeria gegenüber organisierte er wundergleich die Schlüssel und schrieb noch vor der Lesung kdr-Geschichte – die fünfte Heldentat –, indem er dort Stellung bezog, wo er schon im alten Klub der Republik in der Pappelallee stand: hinterm Tresen. Er fand die Sicherungen fürs Licht, schmiss gekonnt die Bar, bis nach gelungener Lesung mit Kathrin Wildenberger und Gastautor Alexander Graeff der Ersatzmann für den verschollenen Barkeeper kam.
Die Iden des März zogen also glimpflich an uns vorüber und gaben Raum für wahres Heldentum. Da bot es sich an, den Monat an seinem letzten Tag dort ausklingen zu lassen, wo Literatur gelebt wird: bei Kabeljau & Dorsch. Wir hoffen, dass für die Lesebühne und ihre Macher, das drohende Unheil in Form eines konkreten Endes ebenso glimpflich vorüberzieht … Aber ein solcher Rückblick soll nicht nur mit docta spes enden, sondern konkret mit Vorfreude auf eine besondere Sache: die duotincta mit Birgit Rabisch und Verlagspräsentation im Literaturhaus Hamburg!